Kritik zum Werk
Wenn man den Namen Friedrich Dürrenmatt hört, denkt man sogleich an ausgezeichnete Dramen. Doch mit der 1955 erschienenen Prosakomödie "Grieche sucht Griechin" schlägt der Schriftsteller aus dem schweizerischen Appenzell eine eher untypische Richtung ein. Der von schwarzem Humor begleitete, märchenhaft- groteske Roman erzählt die Geschichte eines 45- jährigen Mannes.
Die Rede ist von Arnolph Archilochos. Der fast-noch-Grieche lebt ein ziemlich tristes Leben. Er raucht nicht, trinkt keinen Alkohol, isst kein Fleisch und hatte noch nie eine sexuelle Beziehung mit einer Frau. Als Unterbuchhalter einer Maschinenfabrik im Bereich Geburtszangen gibt er immer wieder sein verdientes Geld seinem Bruder Bibi ab. Doch als er durch eine Heiratsanzeige die wunderschöne Griechin Chloé Saloniki kennenlernt, ändert sich sein Leben schlagartig. Die beiden verstehen sich sehr gut und entscheiden bereits zwei Tage nach dem ersten Treffen zu heiraten. Auch beruflich und sozial ist Archilochos auf einmal erfolgreich: Er wird am nächsten Tag zum Generaldirektor für die Atomkanonen- und Geburtszangen- Produktion ernannt, steigt durch den Bischof zum Weltkirchenrat auf und viele skurrile Figuren seiner "sittlichen Weltordnung" beachten und schätzen ihn plötzlich. Doch dass Chloé eine berühmte Edelprostituierte ist, merkt er, anders als alle anderen Stadtbewohner, noch nicht. Als er dies am Hochzeitstag herausfindet, wird alles auf den Kopf gestellt…
Dürrenmatt gelingt es, durch eine mit Ironie und Satire gespickte Handlung so manche Lesende in ihren Bann zu ziehen. Ein passendes Beispiel hierfür wäre, dass der Direktor der Maschinenfabrik nicht einmal wusste, dass seine Firma Geburtszangen produziert.
Der Roman kann jedoch auch als gesellschaftskritisches Werk überzeugen: Das eben genannte Beispiel soll, um nur eines von vielen aufzuzeigen, auf die Schere zwischen den Armen und Reichen hinweisen. Zudem soll durch den Umgang der Figuren mit Archilochos vor und nach dem Zusammentreffen mit Chloé gezeigt werden, dass man in unserer Gesellschaft nur dann respektiert und geschätzt wird, wenn man erfolgreich ist.
Fabelhafte Dialoge und eine flüssige Sprache komplettieren den zynischen Schreibstil und die gelungene Gesellschaftskritik und machen die Prosakomödie zu einer lohnenswerten Investition für viele potenzielle Lesende. Wer jedoch mit schwarzem Humor und nichts anfangen und groteske Geschichten nicht ausstehen kann, sollte von "Grieche sucht Griechin" lieber die Finger lassen…